WIE IMMER. NUR NEU.

Am 2. Oktober 2022 öffnete das Diözesanmuseum Freising nach neun Jahren Schließung und vier Jahren Bauzeit wieder seine Pforte. Das generalsanierte Gebäude auf dem Domberg präsentiert sich äußerlich wie innerlich in neuem Gewand und möchte seine Besucher:innen künftig wieder mit kunst- und kulturgeschichtlichen Ausstellungen im Spannungsfeld von Glauben, Kunst und Gesellschaft inspirieren.

 

Rückblick

Die Eröffnung des Museums am 16. November 1974 stand im Kontext einer allgemeinen, deutschlandweiten Gründungswelle von Diözesanmuseen. Es zog ein in den 1870 errichteten, klassizistischen Bau auf dem Freisinger Domberg, der zuvor ein Knabenseminar zur Förderung des Nachwuchses an Priesteramtskandidaten beherbergt hatte. Unter Gründungsdirektor Sigmund Benker und seinen Nachfolger:innen Peter B. Steiner, Sylvia Hahn und Christoph Kürzeder entstand ein lebendiger Ort des Austauschs, des Diskurses und der Bildung.

Die letzten, sehr gut besuchten Sonderausstellungen im alten Diözesanmuseum beschäftigten sich mit Engeln als „Mittlern zwischen Himmel und Erde“ sowie mit dem Jesuskind in Bayerns Frauenklöstern: „Seelenkind. Verehrt, verwöhnt, verklärt“, so der Titel der Sonderausstellung, mit der Christoph Kürzeder 2012 seinen Einstand als Direktor gab.

Während der Schließungszeit etablierte das Freisinger Diözesanmuseum im ehemaligen Kloster Beuerberg ein neues Kulturzentrum und zugleich ein innovatives Ausstellungskonzept, das die Tradition und die besondere Aura des Ortes mit aktuellen Fragestellungen und gesellschaftlichen Bedürfnissen in Einklang bringt.

Ferner ging das Diözesanmuseum in der Interimsphase Kooperationen mit der Kunsthalle München (Ausstellung „Mit Leib und Seele. Münchner Rokoko von Asam bis Günther“, 2014/15), mit dem Bayerischen Nationalmuseum („Bewegte Zeiten. Der Bildhauer Erasmus Grasser“, 2018) und mit der Biblioteca Nazionale Marciana in Venedig („Die letzten Tage von Byzanz – Das Freisinger Lukasbild in Venedig“, 2018/19) ein.

 
 

Das Haus

1870 errichtete Matthias Berger den Bau im klassizistischen Stil als Knabenseminar zur Förderung des Nachwuchses an Priesteramtskandidaten. Die räumlichen Fußabdrücke dieses Hauses wurden somit schon vor 150 Jahren gesetzt. Nachdem das Gebäude im Juli 2013 aus brandschutztechnischen Gründen geschlossen worden war, wurde 2014 ein Architektenwettbewerb ausgelobt, den  Brückner & Brückner Architekten gewannen. „Geöffnete Wände“, so der Titel des Siegerentwurfs, der seit dem Baubeginn im Juli 2018 konkret in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Freising und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege sensibel und denkmalgerecht von Peter Brückner und Günter Horn mit ihrem Team umgesetzt wurde.
Die Ausschreibung und Bauüberwachung wurde durch Rudolf + Sohn Architekten BDA verantwortet. „Geöffnete Wände“ sind der Kern der architektonischen Idee der Architekten Brückner & Brückner: Einladend geöffnete Wände, bodentiefe Fenster, helle Arkadengänge schaffen ausgewählte Ausblicke, Einblicke und Durchblicke – in den Lichthof, die Schausammlung, auf den Domberg, in die Natur sowie auf die Stadt Freising. Alles hat sich zu einer neuen, klaren Identität gefügt.

Im Untergeschoss schließlich lädt die Museumsgastronomie DIMU, ausgestattet durch das Studio HildmannWilke (München), im hohen gewölbten Weihenstephaner Saal und auf der Westterrasse mit Blick über die Altstadt Freisings, nach München und auf die Alpen zur kulinarischen Einkehr ein.

Das Team des DIMU hat sich im EG und 1. OG bewusst für einen hohen Tageslichtanteil in den Ausstellungsräumen entschieden. Um die Objekte vor zu starker Sonneneinstrahlung zu schützen, sind die als Kastenfenster ausgebildeten Fenster an der Ost-, Süd- und Westseite mit einem zwischenliegenden Sonnenschutz ausgestattet, der bei Bedarf aktiviert werden kann.

Das Diözesanmuseum kommt vollständig ohne fossile Energieträger aus: Sowohl die Wärme- als auch die Kälteerzeugung wird mittels Wärmepumpen bzw. Kältemaschinen über das in der Moosachaue geförderte Grundwasser ermöglicht. Über ein aufwändiges Bohrverfahren wurde eine Verbindung des Diözesanmuseums mit den Brunnen in der Moosachaue hergestellt, sodass der Hang des Dombergs nicht angetastet werden musste. Allein über die regenerative Wärmeerzeugung können jährlich schätzungsweise 220 Tonnen CO2 eingespart werden (verglichen mit einer konventionellen Wärmeerzeugung mittels Erdgas). Ebenso ist eine besonders energieeffiziente sogenannte "Freie Kühlung" über das Grundwasser für weite Teile der Anlage vorgesehen. Alle Arbeiten - insbesondere in der Moosachaue - wurden in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde durchgeführt.

 
 

Sammlungen

Der Sammlungsbestand des Diözesanmuseums umfasst über 40.000 Objekte aus allen Bereichen kirchlicher Kunst und Kultur. Es gehört weltweit zu den größten religionsgeschichtlichen Museen. Schwerpunkte sind die spätmittelalterliche kirchliche Kunst Altbayerns, Schwabens und des Alpenraums sowie kunsthistorisch bedeutende Werke des süddeutschen Barocks und Rokoko, aber auch Artefakte aus dem Bereich der Liturgie, der Volksfrömmigkeit, des Wallfahrtswesens und der Klosterkultur. Ein weiterer Sammlungsbereich bilden 2.700 Objekte der frühchristlichen und byzantinischen Kunst und Kultur, anhand derer die Ursprünge christlicher Kunst und Liturgie in einem eigenen Ausstellungsbereich veranschaulicht werden können.

Die neue Schausammlung, gestaltet durch  iam – interior architects munich in Zusammenarbeit mit Christian Schmid von Der Goldene Schmid als künstlerischer Leiter, präsentiert christliche Kunst aus zwei Jahrtausenden, von frühchristlichen Werken bis hin zu zeitgenössischen Positionen des 21. Jahrhunderts. Neben Künstlern der bayerischen Spätgotik des 15. Jahrhunderts, wie Erasmus Grasser, Jan Polack und Gabriel Angler, sind auch der große Lucas Cranach und viele Meister des Barock und Rokoko, wie Ignaz Günther, Johann Baptist Straub und die Gebrüder Asam, vertreten. Aufbau, Einrichtung und Montage erfolgte durch Alfred und Dominik Stemp und Herbert Rath von Buch-Kunst-Grafik.

 
 

Zeitgenössische Kunst

Auch zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler sollen im neuen Diözesanmuseum ihren festen Platz haben und für Offenheit nach allen Seiten sorgen – etwa der US-amerikanische Installationskünstler James Turrell, der in der ehemaligen Hauskapelle einen Lichtraum kreiert hat. „A CHAPEL FOR LUKE and his scribe Lucius the Cyrene“ ist eine raumübergreifende Lichtinstallation in Form eines Ganzfeldes. Dabei verschmelzen alle architektonischen Merkmale – Licht, Farbe und Raum – zu einer Einheit, wodurch das Phänomen des vollkommenen Verlusts der Tiefenwahrnehmung erzeugt wird. 

Die belgische Bildhauerin Berlinde De Bruyckere setzte sich besonders mit dem Bestand spätgotischer Skulpturen des Museums auseinander und schuf unter diesem Eindruck die überlebensgroße Bronzeskulptur ARCANGELO für den Lichthof des DIMU. Der für seine Langzeitbelichtungen bekannte Fotograf Michael Wesely zeigt in seinen beiden Arbeiten die Transformation des Museums in den letzten neun Jahren, in dem er das Museumsteam kurz nach der Schließung und kurz vor der Wiedereröffnung zu einem Gesicht verschmelzen ließ. Die amerikanische Künstlerin Kiki Smith hat sich bei ihrem Besuch auf dem Domberg im Juni 2019 entschlossen, einen kleinen Sakralraum im Außenbereich des Museums zu gestalten. Die von ihr in Zusammenarbeit mit Brückner & Brückner entworfene Kapelle trägt den Titel „Mary's Mantle Chapel“ und wird ab April nächsten Jahres auf der Westterrasse des Museums gebaut und von der Künstlerin gestaltet.

 
 
 

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Ausblick

Das 1300-jährige Bistumsjubiläum im Jahr 2024 nimmt das Diözesanmuseum zum Anlass, um in einer großen Landesausstellung "Tassilo, Korbinian und der Bär. Bayern und Freising um 724" Themen der Gegenwart und Zukunft mit Blick auf die Vergangenheit zu erörtern. Dies geschieht in Kooperation mit dem Haus der Bayerischen Geschichte.

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